Verabschiedung August Becker als Leiter der Pfinztaler Seniorenakademie

„Ein Segen für unsere Gesellschaft, ein Juwel für Pfinztal“
Nach 20 Jahren endet die Ära Becker in der Leitung der Seniorenakademie

Eine 20-jährige Ära der Seniorenakademie Pfinztal unter Führung und Verantwortung des „speziellen und außergewöhnlichen Menschen“, Pfarrer im Ruhestand August Becker, mit tatkräftiger Unterstützung seiner Ehefrau Rosi, geht zu Ende. Mit einer würdigen, niveauvollen Feierstunde verabschiedete die Gemeinde in Anwesenheit zahlreicher Wegbegleiter und Freunde der Seniorenakademie ihren langjährigen Mentor und Inspirator aus dem Ehrenamt. Sie wurde zu einer Hommage für eine nunmehr 87-jährige Persönlichkeit, deren Wirken in Pfinztal und darüber hinaus unvergessen bleiben wird, wie Bürgermeisterin Nicola Bodner und Laudator Dr. Erwin Vetter, früherer Landesminister und Abgeordneter, in ihren sehr persönlich und viele Facetten ansprechenden Reden feststellten.

Es sei ein Geschenk für die Gemeinde und vor allem für die Senioren gewesen, als das Ehepaar Becker nach 35-jähriger Tätigkeit als Stadtpfarrer in Mannheim in den Heimatort als „Ruhesitz“ zurückkehrte und sich bald für die Arbeit für Senioren „einspannen“ ließ. „Sie wussten, was Senioren für Geist, Körper und Seele brauchen“, schwärmte N. Bodner. Ein Seniorenbeirat entstand, aus dem heraus sich die Akademie entwickelte. „Wir haben uns durch Ihr Engagement und beharrliches Wirken, durch die Arbeit ihrer Tutoren und vieler kompetenter Referenten bereichert“. Zahlreiche Auszeichnungen und ein guter Ruf weit über Pfinztal hinaus würdigten bereits die segensreiche Arbeit der Einrichtung, die „Sie zu einer Seniorenfamilie gemacht haben“. Im 88.Lebensjahr noch geistig und körperlich erstaunlich fit, immer auf der Suche nach Neuem, ein Charakter mit Ecken und Kanten, die wir liebten, umschrieb Bodner treffend. Für das gemeinsame außergewöhnliche Engagement überreichte Bodner im Namen des Gemeinderates, der Ortschaftsräte und der Gemeindeverwaltung eine spezielle Urkunde und Präsente. Es werde mit der Akademie weitergehen, versicherte das Gemeindeoberhaupt. Im Team werden Dr. Bernd Matthes und Manfred Seyfried für die Planung verantwortlich zeichnen. Besonders erfreue sie, dass das Ehepaar Becker weiter der Akademie verbunden, auch Ratgeber bleiben will. August wird weiter den Geschichts- und Rosi den Literaturkreis leiten.

Viele Prädikate zeichneten den „ewigen Becker und seine Chefin Rosi“ aus, startete E. Vetter humorvoll seine Laudatio. Dem Arbeitersohn, studierten Theologen und der Volkswirtin und Religionspädagogin seien eigen: Wache Augen, klarer Verstand, Herzlichkeit, Glaubensstärke und Führungsqualitäten. „Die Pfinztaler Seniorenakademie ist im Land eine Spitzeneinrichtung der Seniorenarbeit“. Vetter skizzierte die „vielen guten Begegnungen“ mit Becker und die Entwicklung der Akademie, den besonderen Wert der Arbeit im Bereich moderne Medien, Kunst, Geschichte, Literatur, Kreativwerkstatt und bei Natur- und Umweltthemen. Dabei sei alles mit einer großen Arbeitsbelastung einhergegangen; Verlässlichkeit sei immer ein Trumpf gewesen. Vetter sprach seine Hochachtung über die Lebensleistung aus.

In seiner Erwiderung und seinen Dankesworten wurde mehrfach der Humor als weitere prägende Eigenschaft Beckers deutlich. Er verdeutlichte, mit interessanten Anekdoten unterlegt, seine seelsorgerische Tätigkeit in Mannheim, die Entwicklung der Akademie aus kleinsten Anfängen mit Überwindung einiger Widerstände im Detail und zeigte auch Stolz über deren Erfolgsgeschichte. Dank galt seinen vielen Helfern - „nur gemeinsam konnten wir stark sein“ – und dem treuen Stammpublikum. Er scheide nicht mit Wehmut, sondern spüre eine ungeheure Befreiung. Dem Alter entsprechend, gebe es nun kurzfristige Ziele, bei dem er sich und seine Frau doppelt beschirmt wüssten.   Das Streichorchester des Posaunenchores Söllingen sorgte unter Leitung von Walter Heiduck für eine gehaltvolle musikalische Umrahmung der Feierstunde. Unter Mithilfe einiger Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und Mitstreiter aus dem Seniorenkreis hatten die Gäste bei Bewirtung vom kalten Büffet noch reichlich Gelegenheit zu Gesprächen mit und über Ehepaar Becker und ihr Wirken.   

 

Text und Foto: Karl-Heinz Wenz   

Das Verhältnis von Kultur und Politik in China und im Westen

Die Vortragsreihe der Seniorenakademie Pfinztal greift sehr unterschiedliche Themen medizinischer, gesellschaftlicher oder geschichtlich-politischer Natur auf und lebt stark von den jeweiligen  qualifizierten Referenten. Beim aktuellen Dezember-Termin stand das Verhältnis von Kultur und Politik in der Volksrepublik China und „im Westen“ auf der Tagesordnung und hatte mit Dr. Gregor Paul, Professor für Philosophie am KIT Karlsruhe und Präsident der Deutschen China-Gesellschaft einen Experten auf diesem Gebiet als Vortragenden.
Der Leiter der Seniorenakademie, Pfarrer i.R. August Becker, eröffnete die Veranstaltung mit launigen Worten und verriet seine besondere Beziehung zu Gregor Paul und dessen anwesender Ehefrau Irene: Er konfirmierte sie und nahm auch die Trauung des Ehepaares Paul vor. Becker leitete die Thematik wieder mit einer Filmsequenz ein, die besonders die unterschiedlichen Gesichter Chinas „zwischen Mao und Moderne“ herausstellte. Dabei wurde die westlichen Gepflogenheiten zugeneigten jungen Menschen mit dem Wunsch, durch Reisen die Welt kennenzulernen, dem großen Bildungs- und Lebensgefälle zwischen Stadt und Land, dem kommerzialisierten und von der Politik argwöhnisch betrachteten Kunstbetrieb oder dem auch bei der neuen Führung gepflegten Personenkult gegenübergestellt. Zur Sprache kam auch der Gegensatz zwischen Versprechen und Wirklichkeit in Fragen der Rechtsstaatlichkeit. Erzwungene Geständnisse, Fehlurteile oder Folterpraxis gehörten immer noch zum Alltag.
Prof. Paul sprach von einer engen Beziehung zwischen Kultur und Politik bei uns im Westen. Quer durch verschiedene Kulturen und Zeiten finde man Verbindungen. Er erinnerte an die besondere Situation in Staaten wie Saudi-Arabien, dem Iran, in Afghanistan oder bei den Taliban und dem IS. Ferner wurde auf ein spezielles Kulturverständnis in Konzepten mit rassistischen Ansichten wie der nationalsozialistischen Ideologie oder der japanischen Tennoideologie verwiesen. Das Unterdrücken, Beherrschen anderer Völker wurde daraus abgeleitet. In solchen Systemen wurde durch diese „Überlegenheitskultur“ Macht gerechtfertigt. G.Paul stellte auch fest, in China gebe es religiös bedingte Gewalt viel weniger als in anderen Teilen der Welt, da religiöse stets staatlicher Macht unterworfen sei. Die heutige chinesische Kultur speise sich aus einer Reihe philosophischer, religiöser und weltanschaulicher Traditionen. Wenn in Maos Kulturrevolution die jahrtausendealte Kulturtradition und ihr konfuzianischer Kern in Frage gestellt und bekämpft wurde, so könne heute von einem Ideologie-Mix im Staatswesen aus Marxismus, Konfuzianismus und dem Harmonieprinzip gesprochen werden. Dabei seien aber Widersprüche auffällig. Blinde Zu-stimmung lehne Konfuzius ab; er plädiere für Kritik. Die Menschenrechtsproblematik bleibe ein deutlicher Kritikpunkt an der chinesischen Politik. Gefährlich sei aber ein ausschließlich eurozentrischer Blick auf die Werte in China. Prinzip der chinesischen Politik sei eine strikte Ablehnung der Einmischung in ihre Politik von außen; es gelte eine strenge staatliche Selbstbestimmung. In erster Linie gehe es um die Wahrung des Einparteiensystems. Ein Mehrparteiensystem und Gewaltenteilung werde abgelehnt; der Gegensatz zum Pluralismus im Westen bleibe deutlich. Paul geißelte aber auch widersprüchliches Handeln westlicher Politik, das sich auf allgemein gültige ethische Normen stützen sollte, aber oft auch mit zweierlei Maß messe. Als Beispiele nannte er Waffenlieferungen in theokratische Staaten oder auch die Mitverantwortlichkeit deutscher Politik für großes menschliches Leid in den Kriegen der letzten Jahre.
Zusammenfassend stellte der Referent für sich selbst die Überlegenheit universaler Werte gegenüber denen der chinesischen Kultur und des Westens heraus.

Text: Karl-Heinz Wenz

Referent: Prof. Dr. Gregor Paul

06.Dezember 2016



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