Di. 07.11.2017, 15.00 Uhr

Die Kirchen im Pfinztal

 

 Der langanhaltende Beifall dürfte ein untrügliches Indiz für die inhaltliche Qualität und die Art des jüngsten, sehr gut besuchten Vortrags bei der Seniorenakademie Pfinztal gewesen sein. Versammlungsleiter Bernd Matthes brachte es auf den kurzen Nenner: „ein lebendiger, interessanter Vortrag“.  Referent Jeff Klotz, Museumsleiter des Römermuseums Remchingen und auch Kurator des Archäologischen Museums Pforzheim, nahm sich dem Thema „Kirchen und Kirchengeschichte im Pfinztal – eine kirchliche Landschaft im Überblick“ an und erwies sich als profunder Kenner der Materie. So konnte er nicht nur Daten und Fakten nennen, sondern stellte auch Zusammenhänge dar und zeigte Hintergründe auf. Obwohl viele der Besucher Vorwissen mitbrachten, erfuhren sie zu diesem Thema auch viel Neues. Kirchen und Klöster im Nordschwarzwald waren für Klotz zusammen mit Historikern seit längerem ein intensives Forschungsprojekt. Alle Kirchen in den Kreisen Karlsruhe, Calw und dem Enzkreis wurden bearbeitet.
Einleitend verwies er auf die große Römersiedlung in Remchingen. Nach dem Abzug der Römer ab 260 n.Chr. erfolgte der Zuzug nichtchristlicher Alamannen, die den Ort Remchingen gründeten und nach der Christianisierung zwischen 600 und 700 auch eine Kirche bauten. Der Pfarrei war auch Kleinsteinbach zugeordnet. Als älteste Kirche im Raum gelte die Nöttinger Kirche.
Weitere Ausführungen machte Klotz zur Klostergründungswelle zwischen 600 und 660 entlang des Rheins und zur Entstehung von Bistümern. Bedeutsam aus dieser Zeit seien sehr gut erforschte Gräberfelder in Berghausen („Hinter dem Dorf“). Wertvolle Grabfunde wurden gemacht; vom 7. Jahrhundert wurden diese geringer, christliche Symbole nehmen zu. Nach der auf Karl d.Gr. zurückgehenden Pfarrordnung hatte jeder Ort Anrecht auf Pfarrer, Kirche und Friedhof. Nach den älteren Orten mit der Endung -ingen entstanden durch den fränkischen Landausbau Orte mit -hausen, -bach und -stein.
Als „wunderschöne Kirche“ bezeichnete Klotz das Kleinsteinbacher Gotteshaus. Weinbrenner, der Erbauer, habe seine in Italien gemachten Erfahrungen für Landkirchen hier umgesetzt: Zur damaligen Zeit (um 1817) eine modernste Bauform, für manche gar befremdlich oder pompös, mit tempelartiger Fassade, alles auf Sichtachse angelegt mit strenger Symmetrie, neu auch mit halbrunden Thermenfenstern auf der Nordseite. Ein besonderer Wert der Thomaskirche sei auch deren Michaelsglocke, die älteste Kirchenglocke der Region.
Ein besonderer Bau stelle auch die Söllinger Kirche dar, 1291 erstmals erwähnt. Es gab verschiedene Bauphasen, Sichtachsen sind schwer erkennbar. Der Kirchturm ist ältester Bauteil. Wandmalereien, ein Chorraum mit Rippengewölbe und Schlusssteine mit Wappen oder eine neugotische Empore gelten als bemerkenswert.
Die wenigsten Aussagen nach der Quellenlage könne zur Berghausener Kirche gemacht werden. Ihre Entstehung datiert ins 13.Jahrhundert und wurde in den beiden folgenden umgebaut. Besonders wertvoll sei ein vorhandener Epitaph, entstanden im Jahr 1604.
Als „herausragender Kirchenbau in der Region“ gelte die Kirche in Grötzingen mit ihrem gedrehten Turmdach. Als klassischer gotischer Bau besitze dieser drei Haupteingänge und beachtenswerte Malereien. Durch Umplanungen und Umbauten seien verschiedene Baueinflüsse erkennbar.
Schließlich ging Klotz auch auf St.Barbara Langensteinbach (wichtige Wallfahrtsstation), die Weinbrennerkirchen Langensteinbach und Wössingen, das „Pilgerkloster“ Sperlingshof und die in Pfinztaler Kirchen gefundenen römischen Viergöttersteine ein.

Text und Foto: Karl-Heinz Wenz

Referent: Jeff Klotz, Leiter des Römermuseums Remchingen



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Verabschiedung August Becker als Leiter der Pfinztaler Seniorenakademie

„Ein Segen für unsere Gesellschaft, ein Juwel für Pfinztal“
Nach 20 Jahren endet die Ära Becker in der Leitung der Seniorenakademie

Eine 20-jährige Ära der Seniorenakademie Pfinztal unter Führung und Verantwortung des „speziellen und außergewöhnlichen Menschen“, Pfarrer im Ruhestand August Becker, mit tatkräftiger Unterstützung seiner Ehefrau Rosi, geht zu Ende. Mit einer würdigen, niveauvollen Feierstunde verabschiedete die Gemeinde in Anwesenheit zahlreicher Wegbegleiter und Freunde der Seniorenakademie ihren langjährigen Mentor und Inspirator aus dem Ehrenamt. Sie wurde zu einer Hommage für eine nunmehr 87-jährige Persönlichkeit, deren Wirken in Pfinztal und darüber hinaus unvergessen bleiben wird, wie Bürgermeisterin Nicola Bodner und Laudator Dr. Erwin Vetter, früherer Landesminister und Abgeordneter, in ihren sehr persönlich und viele Facetten ansprechenden Reden feststellten.

Es sei ein Geschenk für die Gemeinde und vor allem für die Senioren gewesen, als das Ehepaar Becker nach 35-jähriger Tätigkeit als Stadtpfarrer in Mannheim in den Heimatort als „Ruhesitz“ zurückkehrte und sich bald für die Arbeit für Senioren „einspannen“ ließ. „Sie wussten, was Senioren für Geist, Körper und Seele brauchen“, schwärmte N. Bodner. Ein Seniorenbeirat entstand, aus dem heraus sich die Akademie entwickelte. „Wir haben uns durch Ihr Engagement und beharrliches Wirken, durch die Arbeit ihrer Tutoren und vieler kompetenter Referenten bereichert“. Zahlreiche Auszeichnungen und ein guter Ruf weit über Pfinztal hinaus würdigten bereits die segensreiche Arbeit der Einrichtung, die „Sie zu einer Seniorenfamilie gemacht haben“. Im 88.Lebensjahr noch geistig und körperlich erstaunlich fit, immer auf der Suche nach Neuem, ein Charakter mit Ecken und Kanten, die wir liebten, umschrieb Bodner treffend. Für das gemeinsame außergewöhnliche Engagement überreichte Bodner im Namen des Gemeinderates, der Ortschaftsräte und der Gemeindeverwaltung eine spezielle Urkunde und Präsente. Es werde mit der Akademie weitergehen, versicherte das Gemeindeoberhaupt. Im Team werden Dr. Bernd Matthes und Manfred Seyfried für die Planung verantwortlich zeichnen. Besonders erfreue sie, dass das Ehepaar Becker weiter der Akademie verbunden, auch Ratgeber bleiben will. August wird weiter den Geschichts- und Rosi den Literaturkreis leiten.

Viele Prädikate zeichneten den „ewigen Becker und seine Chefin Rosi“ aus, startete E. Vetter humorvoll seine Laudatio. Dem Arbeitersohn, studierten Theologen und der Volkswirtin und Religionspädagogin seien eigen: Wache Augen, klarer Verstand, Herzlichkeit, Glaubensstärke und Führungsqualitäten. „Die Pfinztaler Seniorenakademie ist im Land eine Spitzeneinrichtung der Seniorenarbeit“. Vetter skizzierte die „vielen guten Begegnungen“ mit Becker und die Entwicklung der Akademie, den besonderen Wert der Arbeit im Bereich moderne Medien, Kunst, Geschichte, Literatur, Kreativwerkstatt und bei Natur- und Umweltthemen. Dabei sei alles mit einer großen Arbeitsbelastung einhergegangen; Verlässlichkeit sei immer ein Trumpf gewesen. Vetter sprach seine Hochachtung über die Lebensleistung aus.

In seiner Erwiderung und seinen Dankesworten wurde mehrfach der Humor als weitere prägende Eigenschaft Beckers deutlich. Er verdeutlichte, mit interessanten Anekdoten unterlegt, seine seelsorgerische Tätigkeit in Mannheim, die Entwicklung der Akademie aus kleinsten Anfängen mit Überwindung einiger Widerstände im Detail und zeigte auch Stolz über deren Erfolgsgeschichte. Dank galt seinen vielen Helfern - „nur gemeinsam konnten wir stark sein“ – und dem treuen Stammpublikum. Er scheide nicht mit Wehmut, sondern spüre eine ungeheure Befreiung. Dem Alter entsprechend, gebe es nun kurzfristige Ziele, bei dem er sich und seine Frau doppelt beschirmt wüssten.   Das Streichorchester des Posaunenchores Söllingen sorgte unter Leitung von Walter Heiduck für eine gehaltvolle musikalische Umrahmung der Feierstunde. Unter Mithilfe einiger Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und Mitstreiter aus dem Seniorenkreis hatten die Gäste bei Bewirtung vom kalten Büffet noch reichlich Gelegenheit zu Gesprächen mit und über Ehepaar Becker und ihr Wirken.   

 

Text und Foto: Karl-Heinz Wenz