Di. 24.09.2019, 15.00 Uhr

Klartext Statt Kauderwelsch. Wie verständlich kommunizieren Politik und Wirtschaft?

 

Verständlichkeitsprobleme sind leicht abzumildern
Professor Brettschneider referierte über Kommunikation bei der Seniorenakademie

Ein Thema, dem (fast) jeder Bürger in vielen Bereichen immer wieder begegnet, stand beim jetzt begonnenen Vortragszyklus der Seniorenakademie Pfinztal auf dem Programm: Kommunikation und deren Verständlichkeit oder, wie es der Referent Frank Brettschneider formulierte: „Klartext statt Kauderwelsch – Wie verständlich kommunizieren Politik und Wirtschaft?“ Und da die Thematik nicht nur vom wissenschaftlich-theoretischen Hintergrund her erläutert, sondern auch mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis belegt und bereichert wurde, entstand, wie jetzt erlebt, für die interessierten Zuhörer ein Wissenszuwachs und Mehrwert.

Frank Brettschneider, promovierter Professor an der Universität Hohenheim, ist Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft und hat als Forschungsschwerpunkt die Verständlichkeitsforschung. Hierüber berichtete er in einem lebendigen Vortrag und fesselte dabei die Zuhörer. Bei der einleitenden Frage „Was ist Verständlichkeit?“ gab der Referent keine Definition, sondern erklärte den Sachverhalt zunächst anhand mehrerer Beispiele, die für Unverständlichkeit standen, so ein vor Anglizismen strotzendes Beispiel aus der Wirtschaft, einer Post-Dienstanweisung oder dem Bildungsplan für Hauptschulen. Bei direkter Kommunikation mittels Briefen, Bescheiden, Broschüren oder Interneteinträgen mit der Bevölkerung komme es entscheidend auf die Zielgruppe an. Hier spielen Bildung, Vorwissen, Alter oder Interessen eine entscheidende Rolle. Indirekte Kommunikation geschehe durch Massenmedien, deren Journalisten eine Selektion bei den täglich eingehenden bis zu 3000 Meldungen und eine Interpretation vornehmen müssen. Die daraus entwickelten Botschaften übersteigen oft die Aufnahmekapazität der Empfänger.

Warum ist ein Text unverständlich? Dahinter könne die Absicht stehen, es solle nicht jeder verstehen, die Verfasser geben sich keine Mühe oder der Stoff lässt sich nicht einfach beschreiben. Beispiele aus Bescheiden eines Finanzamtes, medizinischen Erklärungen oder juristischen Sachverhalten verdeutlichten dies. Bei Verständlichkeit ergeben sich zum Beispiel in der Werbewirtschaft Vorteile gegenüber Mitbewerbern, in der Wirtschaft und Verwaltung auch Kosteneinsparungen durch wegfallende Nachfragen. Um Verständlichkeit zu messen, habe seine Uni den „Hohenheimer Verständlichkeits-Index“ entwickelt, in dem Parameter wie Wort- und Satzmerkmale und Lesbarkeitsformeln objektiv überprüft werden. Danach werden alle möglichen Texte und Reden von Politiker- und Wirtschaftsbosse-Ansprachen, Wahlprogramme der Parteien, Doktorarbeiten, Hörfunknachrichten, Werbetexte, Packungsbeilagen, Behördenbescheide und vieles mehr genauestens untersucht und analysiert und ihnen ein Index-Wert von 0 bis 20 zugeordnet. Die Bewertung bewirke bei den Betroffenen oft Konsequenzen und ein Änderungsverhalten.

Problembereiche seien Fachtermini (gut, ein Beispiel geben), Expertensprache (in Laiensprache übersetzen), Häufung von langen, zusammengesetzten Wörtern (Trennungsstriche sind Verständnishilfen), Wortabkürzungen, Passivsätze, abstrakte Formulierungen, Anteil von Sätzen mit mehr als zwei Informationseinheiten oder „Schachtelsätze“ (empfohlen: übersichtliche Sätze, nicht länger als 12 Wörter). Vermieden werden sollten auch typische Floskeln („Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung“).

In einer sehr regen Diskussion wurden Bereiche wie die Sorge um das  Bildungsniveau, die Digitalisierung oder der Verlust der Seriosität in der Werbung angesprochen.

Text und Foto: Karl-Heinz Wenz

 



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Verabschiedung August Becker als Leiter der Pfinztaler Seniorenakademie

„Ein Segen für unsere Gesellschaft, ein Juwel für Pfinztal“
Nach 20 Jahren endet die Ära Becker in der Leitung der Seniorenakademie

Eine 20-jährige Ära der Seniorenakademie Pfinztal unter Führung und Verantwortung des „speziellen und außergewöhnlichen Menschen“, Pfarrer im Ruhestand August Becker, mit tatkräftiger Unterstützung seiner Ehefrau Rosi, geht zu Ende. Mit einer würdigen, niveauvollen Feierstunde verabschiedete die Gemeinde in Anwesenheit zahlreicher Wegbegleiter und Freunde der Seniorenakademie ihren langjährigen Mentor und Inspirator aus dem Ehrenamt. Sie wurde zu einer Hommage für eine nunmehr 87-jährige Persönlichkeit, deren Wirken in Pfinztal und darüber hinaus unvergessen bleiben wird, wie Bürgermeisterin Nicola Bodner und Laudator Dr. Erwin Vetter, früherer Landesminister und Abgeordneter, in ihren sehr persönlich und viele Facetten ansprechenden Reden feststellten.

Es sei ein Geschenk für die Gemeinde und vor allem für die Senioren gewesen, als das Ehepaar Becker nach 35-jähriger Tätigkeit als Stadtpfarrer in Mannheim in den Heimatort als „Ruhesitz“ zurückkehrte und sich bald für die Arbeit für Senioren „einspannen“ ließ. „Sie wussten, was Senioren für Geist, Körper und Seele brauchen“, schwärmte N. Bodner. Ein Seniorenbeirat entstand, aus dem heraus sich die Akademie entwickelte. „Wir haben uns durch Ihr Engagement und beharrliches Wirken, durch die Arbeit ihrer Tutoren und vieler kompetenter Referenten bereichert“. Zahlreiche Auszeichnungen und ein guter Ruf weit über Pfinztal hinaus würdigten bereits die segensreiche Arbeit der Einrichtung, die „Sie zu einer Seniorenfamilie gemacht haben“. Im 88.Lebensjahr noch geistig und körperlich erstaunlich fit, immer auf der Suche nach Neuem, ein Charakter mit Ecken und Kanten, die wir liebten, umschrieb Bodner treffend. Für das gemeinsame außergewöhnliche Engagement überreichte Bodner im Namen des Gemeinderates, der Ortschaftsräte und der Gemeindeverwaltung eine spezielle Urkunde und Präsente. Es werde mit der Akademie weitergehen, versicherte das Gemeindeoberhaupt. Im Team werden Dr. Bernd Matthes und Manfred Seyfried für die Planung verantwortlich zeichnen. Besonders erfreue sie, dass das Ehepaar Becker weiter der Akademie verbunden, auch Ratgeber bleiben will. August wird weiter den Geschichts- und Rosi den Literaturkreis leiten.

Viele Prädikate zeichneten den „ewigen Becker und seine Chefin Rosi“ aus, startete E. Vetter humorvoll seine Laudatio. Dem Arbeitersohn, studierten Theologen und der Volkswirtin und Religionspädagogin seien eigen: Wache Augen, klarer Verstand, Herzlichkeit, Glaubensstärke und Führungsqualitäten. „Die Pfinztaler Seniorenakademie ist im Land eine Spitzeneinrichtung der Seniorenarbeit“. Vetter skizzierte die „vielen guten Begegnungen“ mit Becker und die Entwicklung der Akademie, den besonderen Wert der Arbeit im Bereich moderne Medien, Kunst, Geschichte, Literatur, Kreativwerkstatt und bei Natur- und Umweltthemen. Dabei sei alles mit einer großen Arbeitsbelastung einhergegangen; Verlässlichkeit sei immer ein Trumpf gewesen. Vetter sprach seine Hochachtung über die Lebensleistung aus.

In seiner Erwiderung und seinen Dankesworten wurde mehrfach der Humor als weitere prägende Eigenschaft Beckers deutlich. Er verdeutlichte, mit interessanten Anekdoten unterlegt, seine seelsorgerische Tätigkeit in Mannheim, die Entwicklung der Akademie aus kleinsten Anfängen mit Überwindung einiger Widerstände im Detail und zeigte auch Stolz über deren Erfolgsgeschichte. Dank galt seinen vielen Helfern - „nur gemeinsam konnten wir stark sein“ – und dem treuen Stammpublikum. Er scheide nicht mit Wehmut, sondern spüre eine ungeheure Befreiung. Dem Alter entsprechend, gebe es nun kurzfristige Ziele, bei dem er sich und seine Frau doppelt beschirmt wüssten.   Das Streichorchester des Posaunenchores Söllingen sorgte unter Leitung von Walter Heiduck für eine gehaltvolle musikalische Umrahmung der Feierstunde. Unter Mithilfe einiger Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und Mitstreiter aus dem Seniorenkreis hatten die Gäste bei Bewirtung vom kalten Büffet noch reichlich Gelegenheit zu Gesprächen mit und über Ehepaar Becker und ihr Wirken.   

 

Text und Foto: Karl-Heinz Wenz