Fr. 14.02.2020, 15.30 Uhr

Europa nach der Europawahl

 Mut zugesprochen, für Europa einzustehen
EP-Abgeordneter Daniel Caspary referierte in Seniorenakademie

Erstmals wieder seit längerer Zeit stand bei der Vortragsreihe der Seniorenakademie Pfinztal ein politisches Thema auf der Tagesordnung. Mit einiger Verspätung traf Referent Daniel Caspary, Abgeordneter des Europa-Parlaments, zu seinem Vortrag ein, da er bei der Anfahrt längere Zeit im Grötzinger Tunnel festsaß. „Vielleicht gar kein Fehler, dass der Abgeordnete mal am eigenen Leib die Verkehrsmisere in Pfinztal erleben kann“, meinte ein Besucher süffisant während der Wartezeit. 

D.Caspary aus Weingarten ist seit 2004 Mitglied des EP und seit 2017 Vorsitzender der Parlamentariergruppe der CDU-CSU-Fraktion, stellte Sitzungsleiter Bernd Matthes den Gast vor.
Das Thema „Europa nach den Europa-Wahlen 2019“ war weitgefasst. Caspary, einer von vier Partei-Vertretern aus Nordbaden mit 2,7 Millionen Einwohnern in 211 Städten und Gemeinden, machte eingangs die Arbeitsintensität des EP, mit 43 Sitzungswochen pro Jahr weit höher als im Land- und Bundestag, deutlich. „Bei der Wahl sind wir, die etablierten demokratischen Parteien, halbwegs mit einem blauen Auge davongekommen“, stellte er fest. Die vorhergesagten Werte für die Populisten und Extremisten seien zum Glück nicht eingetroffen. Tatsache sei aber, dass jetzt ein Drittel der Abgeordneten, die aus diesen Lagern kommen, nicht an einer konstruktiven Zusammenarbeit und Problemlösungen im EP interessiert sei oder sogar die Menschen gezielt verunsichere. Wenn die Ränder stärker werden, erfordere dies eine immer engere Zusammenarbeit der etablierten Parteien. Dies führe aber auch zum Verlust der Unterscheidbarkeit dieser, ähnlich wie viele Bürger die Große Koalition in Berlin sehen. Caspary steht dafür, dass die Bürger dafür werben, Unterschiede zu betonen, aber vor allem die gravierenden Differenzen zu den Randparteien, „die aufbauschen, aber nichts lösen“, zu erkennen. Die Bürger seien dazu aufgerufen, aufzustehen und gegen weitere Lähmung zu wirken. Eine Zustimmung zu Europa sei da, eine gewisse Unzufriedenheit sei aber dennoch vorhanden, auch wenn Löhne und Renten steigen und die Arbeitslosigkeit niedrig ist. Europa stehe vor großen Herausforderungen. Es werde gezielt von außen destabilisiert (Stichwort Fake News). Ziel müsse eine Stärkung der unabhängigen Berichterstattung sein. Durch den Rückzug der USA aus Krisengebieten müssten Europäer gezielt das Vakuum füllen. Dabei sei die Erwartungshaltung anderer Länder an Deutschland groß. Die Schwelle zum Eingreifen, auch militärisch, liege hoch; wir seien aber gezwungen, Sicherheit und Stabilität zu exportieren.

Zum Problemfeld Klimawandel bemerkte Caspary, es sei die Grundsatzfrage zu klären, Verbesserungen durch Gebote und Verbote oder durch mehr Markt zu erzielen. Wichtig werde unter der deutschen Ratspräsidentschaft ab Sommer die Festlegung des neuen Haushalts für die nächsten sieben Jahre. Viele Projekte seien aufgeschoben, jetzt Entscheidungen notwendig. So auch beim Grenzschutz, bisher im nationalen Recht verankert. Eine Sicherung der Außengrenzen erfordere eine Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip. Eine ähnliche Problematik gebe es auch in Steuerfragen, wo das EP für eine europäische Steuergesetzgebung plädiere. Ein Haken sei die Ratszustimmung.

Das nationale Denken, Probleme mit ehemals kommunistischen Staaten („Müssen bei Rechtsstaatlichkeit ansetzen – keine Besserwisserei aus Brüssel“), die Frage der Staatsschulden und Instabilität einiger Länder, die Stärkung demokratischer Kräfte und die Aufforderung, der Negativstimmung gegenüber Europa entgegenzuwirken, standen im Mittelpunkt der abschließenden regen Diskussion.

Text und Foto: Karl-Heinz Wenz

 

 



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Verabschiedung August Becker als Leiter der Pfinztaler Seniorenakademie

„Ein Segen für unsere Gesellschaft, ein Juwel für Pfinztal“
Nach 20 Jahren endet die Ära Becker in der Leitung der Seniorenakademie

Eine 20-jährige Ära der Seniorenakademie Pfinztal unter Führung und Verantwortung des „speziellen und außergewöhnlichen Menschen“, Pfarrer im Ruhestand August Becker, mit tatkräftiger Unterstützung seiner Ehefrau Rosi, geht zu Ende. Mit einer würdigen, niveauvollen Feierstunde verabschiedete die Gemeinde in Anwesenheit zahlreicher Wegbegleiter und Freunde der Seniorenakademie ihren langjährigen Mentor und Inspirator aus dem Ehrenamt. Sie wurde zu einer Hommage für eine nunmehr 87-jährige Persönlichkeit, deren Wirken in Pfinztal und darüber hinaus unvergessen bleiben wird, wie Bürgermeisterin Nicola Bodner und Laudator Dr. Erwin Vetter, früherer Landesminister und Abgeordneter, in ihren sehr persönlich und viele Facetten ansprechenden Reden feststellten.

Es sei ein Geschenk für die Gemeinde und vor allem für die Senioren gewesen, als das Ehepaar Becker nach 35-jähriger Tätigkeit als Stadtpfarrer in Mannheim in den Heimatort als „Ruhesitz“ zurückkehrte und sich bald für die Arbeit für Senioren „einspannen“ ließ. „Sie wussten, was Senioren für Geist, Körper und Seele brauchen“, schwärmte N. Bodner. Ein Seniorenbeirat entstand, aus dem heraus sich die Akademie entwickelte. „Wir haben uns durch Ihr Engagement und beharrliches Wirken, durch die Arbeit ihrer Tutoren und vieler kompetenter Referenten bereichert“. Zahlreiche Auszeichnungen und ein guter Ruf weit über Pfinztal hinaus würdigten bereits die segensreiche Arbeit der Einrichtung, die „Sie zu einer Seniorenfamilie gemacht haben“. Im 88.Lebensjahr noch geistig und körperlich erstaunlich fit, immer auf der Suche nach Neuem, ein Charakter mit Ecken und Kanten, die wir liebten, umschrieb Bodner treffend. Für das gemeinsame außergewöhnliche Engagement überreichte Bodner im Namen des Gemeinderates, der Ortschaftsräte und der Gemeindeverwaltung eine spezielle Urkunde und Präsente. Es werde mit der Akademie weitergehen, versicherte das Gemeindeoberhaupt. Im Team werden Dr. Bernd Matthes und Manfred Seyfried für die Planung verantwortlich zeichnen. Besonders erfreue sie, dass das Ehepaar Becker weiter der Akademie verbunden, auch Ratgeber bleiben will. August wird weiter den Geschichts- und Rosi den Literaturkreis leiten.

Viele Prädikate zeichneten den „ewigen Becker und seine Chefin Rosi“ aus, startete E. Vetter humorvoll seine Laudatio. Dem Arbeitersohn, studierten Theologen und der Volkswirtin und Religionspädagogin seien eigen: Wache Augen, klarer Verstand, Herzlichkeit, Glaubensstärke und Führungsqualitäten. „Die Pfinztaler Seniorenakademie ist im Land eine Spitzeneinrichtung der Seniorenarbeit“. Vetter skizzierte die „vielen guten Begegnungen“ mit Becker und die Entwicklung der Akademie, den besonderen Wert der Arbeit im Bereich moderne Medien, Kunst, Geschichte, Literatur, Kreativwerkstatt und bei Natur- und Umweltthemen. Dabei sei alles mit einer großen Arbeitsbelastung einhergegangen; Verlässlichkeit sei immer ein Trumpf gewesen. Vetter sprach seine Hochachtung über die Lebensleistung aus.

In seiner Erwiderung und seinen Dankesworten wurde mehrfach der Humor als weitere prägende Eigenschaft Beckers deutlich. Er verdeutlichte, mit interessanten Anekdoten unterlegt, seine seelsorgerische Tätigkeit in Mannheim, die Entwicklung der Akademie aus kleinsten Anfängen mit Überwindung einiger Widerstände im Detail und zeigte auch Stolz über deren Erfolgsgeschichte. Dank galt seinen vielen Helfern - „nur gemeinsam konnten wir stark sein“ – und dem treuen Stammpublikum. Er scheide nicht mit Wehmut, sondern spüre eine ungeheure Befreiung. Dem Alter entsprechend, gebe es nun kurzfristige Ziele, bei dem er sich und seine Frau doppelt beschirmt wüssten.   Das Streichorchester des Posaunenchores Söllingen sorgte unter Leitung von Walter Heiduck für eine gehaltvolle musikalische Umrahmung der Feierstunde. Unter Mithilfe einiger Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und Mitstreiter aus dem Seniorenkreis hatten die Gäste bei Bewirtung vom kalten Büffet noch reichlich Gelegenheit zu Gesprächen mit und über Ehepaar Becker und ihr Wirken.   

 

Text und Foto: Karl-Heinz Wenz